
Weiblichkeit ist kein Gegensatz zu Stärke
Weiblichkeit & Stärke und der stille Augenbrauenkrieg
Es war einer dieser Abende, an denen man eigentlich nur vorhatte, gemütlich einen Tee zu trinken und plötzlich steht man mitten in einer hitzigen Diskussion darüber, was Weiblichkeit eigentlich ist. „Weiblich sein“... Allein schon das Wort klingt für manche wie aus einer alten Parfumwerbung, für andere wie ein Trainingsplan fürs charmante Nicken.
Ich saß da, die Tasse in der Hand, und hörte mir die Theorien an. „Weiblich sein heißt, sanft zu sein.“ „Nein, weiblich heißt, sich nie die Fingernägel abzubrechen.“ „Es geht um Ausstrahlung, nicht um Aussehen.“ Aha. Und ich dachte, es heißt einfach, die Kunst zu beherrschen, in High Heels einen Bus zu erwischen, ohne sich den Knöchel zu brechen.
Das Lustige ist: Die meisten Menschen setzen Weiblichkeit und Stärke nicht in denselben Satz. Als wäre Stärke automatisch „hart“ und Weiblichkeit automatisch „weich“. Dabei habe ich festgestellt, dass wahre Stärke oft im Weichen liegt, wie bei diesen superflexiblen Yoga-Matten, die man biegen, rollen und falten kann, aber niemals zerreißt.
Ich erinnere mich an einen Moment im Supermarkt: Vor mir eine Frau in zarten Ballerinas, mit einem Kleid, das aussah wie aus einem französischen Sommerfilm. Hinter ihr: ein Mann mit zu viel Ungeduld und zu wenig Höflichkeit. Er drängelte, seufzte laut. Sie drehte sich um, lächelte, und sagte in einem Ton, der Zucker und Rasierklinge zugleich war: „Ich kann gern Platz machen, wenn Sie den ganzen Laden vor mir kaufen möchten.“ Das ist Weiblichkeit und Stärke in einem Satz.
Ich glaube, die Mischung macht’s. Weiblichkeit ohne Stärke ist wie Mascara ohne wasserfest. Sieht gut aus, bis der erste Regen kommt. Stärke ohne Weiblichkeit ist wie ein zu enger Blazer. Macht Eindruck, aber nach einer Stunde kriegst du keine Luft mehr.
Natürlich gibt es diese Momente, in denen man denkt: „Jetzt wäre es einfacher, einfach tough zu wirken.“ Zum Beispiel, wenn ein Handwerker versucht, dir zu erklären, dass die Reparatur „für dich als Frau eh zu kompliziert ist“. Man könnte brüllen, man könnte drohen. Oder man könnte, ganz weiblich, den Kopf leicht neigen und sagen: „Aha, spannend. Erklären Sie mir doch mal genau, wie das funktioniert. Ich hab Zeit.“ (Und dann dabei so lange lächeln, bis er merkt, dass er sich gerade selbst in die Knie geschwatzt hat.)
Weiblichkeit ist nicht die Haarlänge, nicht die Absatzhöhe und auch nicht die Lippenstiftfarbe. Es ist die Art, wie man seinen Espresso umrührt, während man innerlich schon den kompletten Plan B und C vorbereitet. Stärke ist nicht die Lautstärke, mit der man spricht sondern die Selbstverständlichkeit, mit der man entscheidet, was man nicht mitmacht.
Und wenn du beides kombinierst, bekommst du diese unbesiegbare Aura, bei der Leute nie ganz sicher sind, ob du ihnen gleich einen Kuss gibst oder ihnen die Meinung sagst. Ich persönlich halte das für die wirksamste Superkraft, die man im Alltag haben kann.
Am Ende des Abends waren wir uns übrigens nicht ganz einig, was nun die exakte Definition ist. Aber wir waren uns sicher: Weiblichkeit und Stärke passen zusammen wie roter Lippenstift und ein schwarzes Kleid. Man muss nur wissen, wann man beides trägt.
Verfasst von Diana W. für Unlabelled Blog & Stories